Verbesserter Thermocycler für PCR mit kaskadierten Regelkreisen

Thermocycler für PCR: 20-fach verbesserte Präzision (*) und verkürzte Zykluszeit durch gemeinsame Entwicklung von Dynex Technologies und Meerstetter Engineering.

In diesem Bericht werden zwei bedeutende Verbesserungen vorgestellt, die darauf abzielen, die Temperaturzyklen unter Verwendung einfacher PID-Konzepte mit Peltier-Geräten zu verbessern. Die erste Verbesserung wird durch die Einführung einer zusätzlichen Regelkaskade erreicht, die die Zeitkonstante der Peltier-Elemente von dem zu regelnden Gesamtsystem entkoppelt. Bei der zweiten Verbesserung wird die physikalische Temperaturmessung der Flüssigkeit im Inneren eines Reaktionsgefässes durch einen Schätzer ersetzt, was eine präzise Temperaturregelung der Flüssigkeit darin ermöglicht. Diese Verbesserungen zeigen deutlich genauere und optimierte Temperaturübergänge zwischen den Sollwerten, was zu einer besseren Gesamtleistung bei der Aufrechterhaltung der gewünschten Probentemperatur führt. Für den Praktiker bedeutet dies: Die kumulierte Differenz zwischen tatsächlicher Temperatur der Probenflüssigkeit und der Zieltemperatur wird um den Faktor 20 reduziert (*), wobei die letzten 5 Sekunden eines Temperatur-Plateaus berücksichtigt werden. Dies optimiert den Ablauf der chemischen Reaktionen, wodurch Prozesse mit höherer Genauigkeit und Geschwindigkeit durchgeführt werden können.


Einleitung

Peltierelemente werden häufig in analytischen Temperaturzyklierern eingesetzt, wie z.B. bei der Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Dies ist auf deren zahlreichen Vorteile zurückzuführen: Die Fähigkeit, mit demselben Gerät zu heizen und zu kühlen, die kompakte Bauweise, das Fehlen beweglicher Teile und der geringe Verschleiss [Thermocycler mit TEC Controllern (meerstetter.ch)].

Der Betrieb von Peltierelementen in einem stromgesteuerten Modus hat sich im Vergleich zu PWM als leistungsfähiger erwiesen [Peltier-Element Effizienz (meerstetter.ch)]. Die Integration einer Filterspule in jeden Zweig der H-Brücke des Treibers ermöglicht einen reibungslosen und nahtlosen Betrieb rund um Null-Leistung, bietet die Möglichkeit des Betriebs der H-Brücke in zwei getrennten Halbbrücken und reduziert abgestrahlte und leitungsgebundene elektromagnetische Emissionen.
Die Richtung der Temperaturänderung (Heizen oder Kühlen) und der Leistungspegel werden in der Regel durch einen TEC Controller mit PID-Regelkreis bestimmt. Es wurden auch fortgeschrittene Ansätze, einschliesslich modellbasierter und prädiktiver Strategien erforscht, wie in [1] beschrieben. Um jedoch eine hohe Benutzerfreundlichkeit zu gewährleisten, hat Meerstetter Engineering das Konzept des PID-Regelkreises beibehalten und gleichzeitig eine anwendungsspezifische I-Freeze/I-Limit-Funktion sowie ein thermisches Modell des Peltierelements integriert, um Nichtlinearitäten zu kompensieren [Meerstetter TEC Controller Benutzerhandbuch, Kapitel 1: "Temperaturregelung"].

Dynex Technologies entwickelt ein Real-Time PCR Gerät, bei dem Geschwindigkeit und Genauigkeit im Vordergrund stehen. Um eine optimale Lösung zu erreichen, bat Dynex Technologies Meerstetter Engineering um die Optimierung der Temperaturregelung durch die Nutzung eines präzisen Temperaturüberschwingens des Probenblocks. Ziel war es, die Übergänge zwischen den Zieltemperaturen der Probenflüssigkeit zu optimieren, eine präzise Steuerung der Temperatur der Probenflüssigkeit ohne Überschwingen zu erreichen und sicherzustellen, dass die Temperatur während der Haltephasen genau gehalten wird.

Optimierung des Regelkonzepts zur Reduzierung der Zykluszeit

Eine Verbesserung der Regelgeschwindigkeit kann in zwei Dimensionen erreicht werden: Verbesserung des thermoelektrischen Aufbaus, um die Heiz- und Kühlkapazität zu erhöhen ODER Verbesserung des Regelalgorithmus, um mit den Peltierelementen schnelle und dennoch präzise Aktionen zu ermöglichen. Die langsamste Zeitkonstante der Regelstrecke definiert die maximal erreichbare Bandbreite des Regelkreises, die über den P- und I-Anteil des Reglers eingestellt wird. Die Wahl von Werten für den P- und I-Anteil, die schlecht an die Zeitkonstante der Regelstrecke oder aneinander angepasst sind, führt zu einem instabilen Regelkreis [2]. Wie kann das Regelungskonzept optimiert werden, um die Zykluszeit zu verringern (vorausgesetzt, der thermoelektrische Aufbau ist in der Lage, die erforderlichen Wärmeströme zu erzeugen)?

Kaskadierte Regelkreise

Kaskadierte Regelkreise sind eine bekannte Technik, um Regelsysteme in überschaubarere Komponenten zu unterteilen [PID-Regler], und die Regelwirkung zu beschleunigen, ohne auf ableitende Regler zurückgreifen zu müssen [3]. Meerstetter entschied sich für die Integration einer zusätzlichen Regelkaskade, um Zeitkonstanten innerhalb des Regelkreises mit einer zusätzlichen separaten Temperaturregelung auf der Peltier-Seite zu entkoppeln.


Functional diagram of cascaded control loop with additional control of Block Temperature and Vial Temperature Estimator.
Abbildung 1: Blockdiagramm des kaskadierten Regelkreises mit zusätzlicher Regelung der Blocktemperatur und Schätzer für die Probentemperatur. In der späteren Phase der Experimente wird die Temperatur der Probenflüssigkeit nicht mehr gemessen.

Diagram one shows temperature in °C over time in seconds of standard PID controller Diagram two shows temperature in °C over time in seconds of the improved control with vial temperature under control.
Abbildung 2: Das Diagramm vergleicht die Regelgüte des Standard-PID-Reglers und mit der des verbesserten Reglers.
Standard PID: Die gewünschte Probentemperatur wird eigentlich nie erreicht und da bei den meisten Anwendungen die Probentemperatur nicht gemessen wird, bleibt diese Diskrepanz unentdeckt.
Cascaded PID: Die Probentemperatur wird wie in einem Zwischenschritt in einem repräsentativen Reaktionsgefäss gemessen. Mit Hilfe der Kaskade schwingt die Blocktemperatur über die Zieltemperatur hinaus. Im Ergebnis sind die Gradienten der Probentemperatur steiler und die Probentemperatur erreicht und stabilisiert sich auf der Zieltemperatur.

Kaskaden-Temperaturregelung für Ihr Projekt

Die Kaskaden-Temperaturregelung bietet eine präzisere und stabilere Temperaturregelung. Die optimierte Struktur hilft, Temperaturschwankungen zu minimieren und schnellere Reaktionszeiten zu erreichen – ideal für anspruchsvolle thermische Systeme.

Um das Feature der Kaskaden-Temperaturregelung verwenden zu können, müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es muss ein freier High-Resolution-Eingang vorhanden sein (es wird nicht empfohlen, einen Low-Resolution-Eingang zu verwenden, da dieser langsamer gefiltert wird).
  • Der zugehörige Stellglied-NTC-Sensor muss nahe am Peltier eingebaut werden.

Erfahren Sie mehr über die Kaskaden-Temperaturregelung:


Geschätzte Probentemperatur im Reaktionsgefäss

Eine weitere grosse Herausforderung besteht darin, dass die Temperatur der Flüssigkeit im Inneren des Reaktionsgefässes/Probenbehälters normalerweise nicht direkt gemessen wird. Für eine präzise Regelung während der Polymerase-Kettenreaktion (PCR), bei der die Flüssigkeitstemperatur (und nicht nur die Temperatur des Probenblocks) über einen bestimmten Zeitraum hinweg genau eingehalten werden muss, ist eine bessere Regelung dieses Parameters entscheidend. Es hat sich jedoch als unpraktisch erwiesen, die Temperatur eines repräsentativen Flüssigkeitsvolumens dauerhaft im Probenblock zu messen.

Daher wurde die Temperatur der Proben-Flüssigkeit im Inneren des Reaktionsgefässes geschätzt. Als praktische Annäherung hat sich ein PT1-Modell mit Wärmeübertragung an die Umgebung als zufriedenstellend erwiesen. Je nach Art des zu regelnden thermischen Objekts kann jedes geeignete Modell verwendet werden. Das vorliegende Modell kann durch die folgende Formel beschrieben werden:

Formula describing above mentioned model

Dabei:
α = Wärmeverlustfaktor
t1 = Zeitkonstante der Wärmeübertragung vom Block auf die Flüssigkeit im Reaktionsgefäss

Die Modellparameter wurden anhand eines Testmusters ermittelt, das die beiden Effekte (Dämpfung und Wärmeverlust) trennt. Das folgende Diagramm zeigt das Temperaturprüfmuster, das aus einer dynamischen Phase (a), in der die Dämpfung dominiert, und einer statischen Phase (b), in der die Wärmeübertragung dominiert, besteht.


Diagram shows Temperature in °C over Time in seconds, about the above mentioned test pattern.
Abbildung 3: Die ersten Sinuswellen bilden den Dämpfungseffekt ab, während die letzten Plateauphasen den Wärmeverlust angeben. Das Ziel der Modellparametrisierung ist, dass die geschätzte Temperatur mit der gemessenen Probentemperatur übereinstimmt.

Als Optimierungskriterium für die Modellparameter wurde die durchschnittliche quadratische Differenz zwischen der geschätzten und der gemessenen Probentemperatur minimiert - mit der Nebenbedingung, dass die maximale Differenz innerhalb akzeptabler Grenzen bleibt. Das folgende Diagramm zeigt die gemessene Probentemperatur (die nur während der Modellparametrisierungsphase gemessen wurde) im Vergleich zur geschätzten Probentemperatur. Die Temperaturen stimmen sehr gut überein, so dass die geschätzte Probentemperatur neu als Steuerungsvariable verwendet wird.


Diagram shows Temperature in °C over Time in seconds.
Abbildung 4: Die gemessene Probentemperatur und die geschätzte Temperatur der Probenflüssigkeit sind in guter Übereinstimmung. (Modellparameter: t1 = 0,75 s; α = 2e-5; TUmgebung = 25 °C)

Als Ergebnis der zwei vorgestellten Massnahmen folgt die Temperatur der PCR-Lösung viel besser der Solltemperatur, was zu deutlich besseren chemischen Analyseergebnissen führt.

Temperatur-Schätzer für Ihr Projekt

Der Temperatur-Schätzer ermöglicht eine genauere Regelung der Probentemperatur, ohne dass eine direkte Messung erforderlich ist. Dies reduziert Temperaturschwankungen und verbessert die Prozesseffizienz.

Um das Feature Temperatur-Schätzer verwenden zu können, muss die folgende Voraussetzung erfüllt sein:

  • Die Messung der tatsächlichen Zieltemperatur muss zumindest in der Designphase durchgeführt werden können, um die Modellparameter für den Temperaturschätzer experimentell bestimmen zu können.

Erfahren Sie mehr über den Temperaturschätzer:


Schlussfolgerung

Diagram shows optimized PID control. Diagram shows Temperature in °C over Time in seconds.
Abbildung 5: Die Temperatur des Reaktionsgefässes wird nicht mehr gemessen, sondern mit Hilfe des Schätzers ermittelt. Die Blocktemperatur zeigt das gleiche Verhalten wie in Diagramm 2, was als Bestätigung dafür dient, dass die Temperatur im Reaktionsgefäss der Zieltemperatur entspricht.

Die kumulierte Differenz zwischen Probentemperatur und Zieltemperatur hat sich um Faktor 20 verringert, wenn man die letzten 5 Sekunden eines Plateaus berücksichtigt. Gleichzeitig können die Temperaturzyklen schneller durchgeführt werden.

An dieser Stelle möchten Marc und Martin von Meerstetter Engineering ihren Dank an Tobias und Martin von Dynex Technologies für die hervorragende Zusammenarbeit aussprechen. Ihre Anfragen, die rasche Durchführung von Experimenten und das konstruktive Feedback während der Iterations- und Validierungsphasen trugen zur Entwicklung eines einfach zu handhabenden, neuartigen Ansatzes für deutlich verbesserte Temperaturzyklen bei. Herzlichen Dank!

Dynex Technologies dankt Meerstetter Engineering für die hervorragende Unterstützung und Kommunikation während des gesamten Projekts. Wir sind beeindruckt von der Qualität der Hardware, Software und der Kompetenz aller Ingenieure bei Meerstetter. Alle unsere Wünsche wurden in sehr kurzer Zeit und zu unserer höchsten Zufriedenheit umgesetzt.


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Eine präzise Temperaturregelung ist für zuverlässige Ergebnisse unerlässlich. Von der Kaskaden-Temperaturregelung bis zum Temperatur-Schätzer - unsere Lösungen helfen Ihnen, Temperaturstabilität und Effizienz zu maximieren. Beide Features sind exklusiv für die TEC Controller von Meerstetter Engineering verfügbar.

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Über Meerstetter Engineering

Meerstetter Engineering ist ein Schweizer Unternehmen, das sich auf Elektronik für Laserdioden und Peltierelemente spezialisiert hat. Unsere Produkte werden in der pharmazeutischen und Präzisions-Industrie sowie in Forschungslabors eingesetzt. Mit unserem umfangreichen Fachwissen bieten wir Entwicklungsdienstleistungen und Zusammenarbeit in den Bereichen Analog- und Digitalelektronik, FPGA, integrierte Systeme und digitale Schnittstellen an.

Über Dynex Technologies

Dynex Technologies mit Hauptsitz in Buštěhrad (Tschechische Republik) gehört zu den grössten Anbietern von Laborausrüstung, In-vitro-Diagnostik und damit verbundenen Dienstleistungen auf dem tschechischen und slowakischen Markt. Neben den eigenen Geräten vertreibt das Unternehmen ein umfangreiches Diagnostik-Portfolio – einschliesslich PCR, LFA und mehr – von international anerkannten Marken wie Element Biosciences, Revvity, SOPHiA GENETICS und anderen. Unterstützt wird dies durch ein starkes Team von MSc-/PhD-Anwendungsspezialisten sowie ein eigenes Demolabor für praxisnahes Training. Ergänzend zu seinen Vertriebsaktivitäten entwickelt, konstruiert und produziert Dynex CE-IVD-zertifizierte Geräte – darunter vollautomatische Immunoblot-Prozessoren und Mikrotiterplatten-PCR-Systeme – in nach ISO 13485 zertifizierten Einrichtungen. Diese Produkte werden weltweit exportiert und durch ein umfassendes Lifecycle-Support-Paket unterstützt, das akkreditierte Pipetten-Kalibrierungsdienste sowie Vor-Ort-Service durch mehr als 100 Mitarbeiter umfasst.

Aktualisierungshinweis: Dieser Artikel wurde nachträglich aktualisiert. Das ursprünglich von DIANA Biotechnologies durchgeführte Projekt wurde an Dynex Technologies übertragen. Der Artikel wurde entsprechend aktualisiert.

Literatur

  • [1] .. Qiu, Yuan; "Temperature Control for PCR Thermocyclers Based on Peltier-Effect Thermoelectric" in Proceedings of the 2005 IEEE, Engineering in Medicine and Biology 27th Annual Conference, Shanghai
  • [2] .. Ziegler, J.G & Nichols, N. B. (1942). "Optimum settings for automatic controllers" in Transactions of the ASME. 64: 759–768.
  • [3] .. Föllinger; “Regelungstechnik: Einführung in die Methoden und ihre Anwendung” in VDE Verlag, 1972